Interview mit Anastasia Barner (junge Gründerin & Autorin)

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„Es gibt immer diese zwei Extreme und es ist wichtig beide Stimmen zu hören und nicht immer nur von den 10%, die es geschafft haben, über die man dann eben in den Medien liest.“

FiF: Frau Barner, sie gehören zu den jüngsten, erfolgreichen Gründerinnen Deutschlands. Erzählen Sie uns kurz Ihren Lebenslauf.

Wenn man Chat GPT nach mir fragt, kommt Folgendes: “Anastasia Barner, eine der jüngsten und erfolgreichen Gründerinnen Deutschlands, zeichnet sich durch einen beeindruckenden Lebenslauf aus. Mit nur 20 Jahren gründete sie FeMentor, die erste Reverse-Mentoring-Plattform in Europa. Ihr Engagement für Chancengleichheit im Bildungsbereich zeigt sich auch in der Gründung von FeMentor, einem Programm, das Frauen Zugang zu Wissen, Netzwerken und beruflichen Möglichkeiten bietet. Anastasia setzte ihre unternehmerische Reise fort und veröffentlichte mit 23 Jahren ein ehrliches Buch über die Startup-Welt. Ihre Reflexionen und Erfahrungen bieten einen Einblick in die Herausforderungen und Triumphe junger Gründer:innen. Als überzeugte Verfechterin von Gender Equality hielt Anastasia Barner einen TEDx Talk zum Thema mit nur 23 Jahren. Ihr Einsatz für Diversität und Gleichberechtigung spiegelt sich nicht nur in ihren Projekten, sondern auch in ihrem öffentlichen Wirken wider. Mit zahlreichen Erfolgen in jungen Jahren hat sich Anastasia Barner als inspirierende Persönlichkeit etabliert, die nicht nur unternehmerische Weitsicht besitzt, sondern auch soziale Verantwortung übernimmt.” Dem würde ich gerne eine persönliche Note hinzugeben, denn ursprünglich wollte ich Journalistin oder Schauspielerin werden, ich kam eher zufällig in die Startup-Welt.

FiF: Seit kurzem ist Ihr Buch „(Ge)Gründet!“ erschienen. Darin beschreiben die die Startup-Szene uncovered. Ist die Realität wirklich so anders als der Startup-Hype, der oftmals vermittelt wird?

Ich würde nicht so weit gehen und sagen, sie ist so anders, wie in den Medien berichtet wird, aber es wird ein großer Teil ausgelassen. Genau deshalb habe ich ein Buch ÜBER die Start-Up Szene, AUS der Start-Up Szene geschrieben, Journalist:innen erhalten immer nur ein gefiltertes und perfektes Bild, welches von Gründer:innen gezeichnet wird, dadurch wird nie über eine authentische Darstellung der Start-Up Szene berichtet. Dennoch sehe ich eine gewisse Gefahr darin, dass über uns jungen Gründer:innen so viel positives berichtet wird, denn ein Drittel der Generation Z möchten selbst Gründen, wissen aber nicht, worauf sie sich einlassen. Ich hätte es gerne vorher gewusst. Wenn man Gründer:innen in meinem Umfeld fragt, ob sie noch einmal gründen würden, mit dem Wissen, welches sie jetzt haben, gibt es meistens zwei Antworten: auf keinen Fall oder auf jeden Fall. Es gibt immer diese zwei Extreme und es ist wichtig beide Stimmen zu hören und nicht immer nur von den 10%, die es geschafft haben, über die man dann eben in den Medien liest.

FiF: Haben Sie eine Anekdote, in der deutlich wurde, wie verfälscht der oberflächliche Eindruck der Startup-Welt ist?

Ich habe ein ganzes Buch darüber geschrieben und das innerhalb von 3 Monaten. Am Ende habe ich viele Kapitel und Geschichten gelöscht, weil wir keine Klage riskieren wollten und es auch sonst zu umfangreich geworden wäre. Es gibt internationale Betrüger, die bereits aufgeflogen sind wie z.B. Elisabeth Holmes oder Sam Bankman-Fried. Aber nicht nur Gründer:innen „faken“ Erfolg, auch Investor:innen können Scammer sein. Dazu gibt es in meinem Buch einen Erfahrungsbericht von Stephanie Dettmann, Co-Founder des Kosmetikunternehmens UND GRETEL. Dabei geht es darum, was passiert, wenn der vielversprechende Business Angel zum Business Horror wird und Schulden ins Unternehmen bringt, statt Gewinne.
Es ist ganz wichtig an der Stelle zu betonen, dass man nicht erst dann ein „vollwertiges“ Startup hat, wenn man Geld geraised hat, sondern es gibt immer die Option zu „Bootstrappen“, wobei man organischer wächst und die Anteile am Unternehmen behält. Darüber wird zum Beispiel seltener berichtet.

FiF: Sie gehen in Ihrem Buch auch speziell Themen an, die die weibliche Seite zeigen und in vielen Gründerbüchern fehlen. Warum bedarf es Kapitel wie „Liebe, Beziehungen und Überbegriffe“?

Na ich hoffe, dass Liebe und Beziehungen auch Männer betrifft ;). Ich habe zwei Kapiteln Themen gewidmet, die meiner Meinung nach zu selten gehört werden. Das wären einmal Insights aus der Female Founder Bubble und dass diese auch ganz schön Fake sein kann. Denn nicht jede Frau, die das Hashtag #FemaleEmpowerment verwendet, unterstützt eine andere Frau außer sich selbst. Gerade als junge Frau in der Gründer:innen Szene erlebe ich gewisse Momente anders als ein Mann oder eben eine Person, die schon etablierter ist. Es bedarf dieses Kapitel „Liebe, Beziehungen und Übergriffe“, weil viele sich nicht trauen darüber zu sprechen, das heißt aber nicht, dass es nicht passiert. Ich habe daher anonymisiert über einige Erfahrungsberichte geschrieben von sexueller Belästigung und Machtmissbrauch in der Szene.

FiF: Auf was für eine Startup-Welt möchten Sie in 20 Jahren zurückblicken? Was muss sich ändern, um mehr Frauen und Männer zu motivieren?

Um ehrlich zu sein, wollte ich nie Gründerin sein, bis ich dann die Idee für mein Start-Up FeMentor hatte und ich es dann wurde. Und ich kann auch nicht jeder Person empfehlen zu gründen, auch wenn aus meine Generation, Gen Z, ein Drittel der Befragten angeben, einmal gründen zu möchten. Nach 4 Jahren Start-Up-Szene habe ich schon viel Veränderung miterlebt und einen Wandel in der Wahrnehmung von Geschlechterrollen, Verteilung der Gelder und auch psychischer Erkrankungen. Aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Derzeit wird ein Bewusstsein für die Problematik rund um die ungleichmäßige Verteilung von Geldern an die unterschiedlichen Geschlechter geschaffen, aber geändert hat sich noch nicht viel. In 20 Jahren hoffe ich, dass wir eine Gleichberechtigung geschaffen haben und es unvorstellbar erscheint, dass es jemals anders war. Zudem wären familienfreundliche Maßnahmen für Selbstständige und Unternehmer:innen wichtig.


FiF: Haben Sie einen Karriere-Tipp, der Ihnen auf Ihrem Weg sehr geholfen hat?

Einen Karriere-Tipp, der mir auf meinem Weg sehr geholfen hat, ist die Bedeutung von Netzwerken und Mentor:innen zu erkennen. Es ist entscheidend, Beziehungen zu Menschen aus unterschiedlichen Hintergründen, Altersgruppen und Branchen aufzubauen, sich in berufsbezogenen Netzwerken zu engagieren und nach Mentor:innen oder Netzwerken Ausschau zu halten. Diese Verbindungen können nicht nur eine Quelle für wertvolle Ratschläge und Unterstützung sein, sondern auch Türen zu neuen beruflichen Chancen öffnen. Dabei ist es wichtig, daran zu denken, dass Erfolg oft nicht nur von individueller Leistung abhängt, sondern auch von den Beziehungen, die du auf deiner beruflichen Reise aufbaust. Mein absoluter Netzwerk-Tipp: Ich habe eine lange Excel Liste, wo ich immer neue Kontakte eintrage, kurz nachdem ich sie getroffen habe. Dadurch erinnere ich mich daran, woher ich die Person kenne, worüber wir gesprochen habe und was die Person derzeit beruflich macht. Sowas kann dabei helfen, das Netzwerk und neue Verknüpfungen zu pflegen.

FiF: Sie sind Mitte 20 und bereits erfolgreiche Unternehmerin. Was planen Sie für Ihre Zukunft, was steht noch auf Ihrer Bucketliste.

Mit 14 Jahren habe ich eine Bucketliste geschrieben, die ich mit 22 zufällig wiedergefunden habe. Darauf stand: “Unternehmen gründen, Justin Bieber Konzert besuchen, TEDx Talk halten, Heißluftballon fliegen, im Ausland leben” und noch ein paar andere Punkte. Mit 22 Jahren hatte ich bereits alles bis auf einen Punkt von der Liste erledigt: ein Buch schreiben. Ein paar Monate später kam die Anfrage von Haufe. Mit 23 Jahren, innerhalb von 9 Jahren, hatte ich meine komplette Bucketliste abgehakt. Was für den einen jetzt vielleicht für einen Erfolg klingt, war für mich eine Identitätskrise. Es hat mir ein Jahr lang an “neuen Zielen” gefehlt und ich habe mich aktiv damit beschäftigt, eine neue Bucketliste zu schreiben mit dem Versprechen: diesmal lasse ich mir mehr Zeit dafür. Was derzeit darauf steht, erzähle ich dann, wenn ich alles erreicht habe 😉 

FiF: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden? 

Meditieren tue ich nicht, mit einem Stift schreiben habe ich schon ewig nicht mehr gemacht, bin ja bekanntlich Generation Tippen und Wischen. Aber tatsächlich gibt es eine App in meinem Leben, ohne die ich nicht könnte: Notizen. Ich nutze die App jeden Tag für mein beruflichen, sowie privaten Alltag. Die Kalenderfunktion beim IPhone finde ich unübersichtlich und nutze deshalb für alle meine Termine und To Do´s die Notizen App. Derzeit befinden sich 514 Notizen auf meinem Handy. Darunter Notizen für den Social Media Content Plan, wo ich meine Beiträge plane und Ideen vermerke bis hin zur Übersicht, wann ich wo sein muss.  

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