Interview: Petra Nabinger (Autorin)

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Foto: Sarah Hähnle

„Für Frauen mit Kindern ist es um ein vielfaches schwerer, im höheren Management anzukommen.“

Chancengleichheit – dieses Thema wird im Laufe der eigenen Karriere immer interessanter für Frauen. Mit Mitte 20 dachten wir noch, uns stünde die Karrierewelt offen und geschlechtliche Nachteile gehören der Vergangenheit an. In den 30ern, das erste Kind ist da, bemerkt man dann allerdings die ersten Unterschiede in der Behandlung. Spätestens mit 40 fängt man dann an offen die Frauenquote zu fordern und spätestens mit 50 fällt es einem schwer, nicht aufzugeben.

Damit dieser Lebenslauf nicht der eigene wird, müssen wir uns dafür einsetzen, die gedanklichen Barrieren konstant zu durchbrechen. Eine Frau, die sich dieses Ziel zur Aufgabe gemacht hat, ist Petra Nabinger. Die Mutter von 4 Kindern hat einen verantwortungsvollen Beruf bei der Sparkasse und hat bereits mehrere Bücher zum Thema Chancengleichheit verfasst.

Besonders hilfreich ist die Art, wie Nabinger an das Thema rangeht. Indem sie Vorbilder porträtiert und die Geschichten der Protagonistinnen darstellt, schafft sie es den Leser mögliche Wege und Entscheidungshilfen zu übermitteln. Inklusive einer großen Portion Motivation.

Im Interview erzählt uns Petra Nabinger, welche Gemeinsamkeiten sie bei den erfolgreichen Managerinnen erkannt hat, warum das Thema Chancengleichheit aktueller denn je ist und wie sie es trotz 10-jähriger Erziehungsauszeit zurück in einen anspruchsvollen Beruf geschafft hat.

FiF: Frau Nabinger, Sie haben den Lebenslauf, den sich viele Frauen wünschen. Familie und Führung – schildern Sie uns bitte kurz Ihre Vita.

Nach Abitur und Ausbildung absolvierte ich ein berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaftslehre. Das war sehr herausfordernd, hat mir aber gezeigt, dass es wichtig ist, im Leben Prioritäten zu setzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Während einer zehnjährigen Familienphase habe ich die Verantwortung für die Erziehung unserer vier Kinder übernommen und vor allem Improvisation und Entscheidungsfreude gelernt.

Danach ging es sukzessive zurück in die Berufswelt mit verschiedenen Positionen und in zunehmend anspruchsvollere Themengebiete. Heute bin ich als Depot-A-Managerin für das Investment einer Sparkasse zuständig. Ich trage in diesem Bereich keine Führungsverantwortung, bin aber neben dieser anspruchsvollen Hauptaufgabe in Gremien, wie Verwaltungs- und Personalrat, im Auftrag der Mitarbeiter für die Belegschaft und den wirtschaftlichen Erfolg mitverantwortlich.

Mit dem beruflichen Wiedereinstieg entwickelte sich die Leidenschaft, als Buch-Autorin über frauenpolitische Themen zu diskutieren. Seither engagiere ich mich zugunsten der Chancengerechtigkeit insbesondere auch durch Lesungen zu meinen inzwischen vier veröffentlichten Büchern.

FiF: Sie sprechen Ihre Bücher zum Thema Chancengerechtigkeit an. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung?

Ich erlebe in meinem beruflichen Netzwerk, dass es nach wie vor für karriereorientierte Frauen schwierig ist, die gläserne Decke zu durchbrechen. Ich habe es auch selbst schon erlebt, wie Schlüsselpositionen ganz einfach von Mann zu Mann weitergereicht werden. Für Frauen mit Kindern ist es um ein vielfaches schwerer, im höheren Management anzukommen.

Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten zehn Jahren sicherlich durch eine bessere Kinderbetreuung und die Frauenquote für Aufsichtsratsmandate börsennotierter Unternehmen oder das Entgelttransparenzgesetz verbessert. Es besteht jedoch weiterhin Nachholbedarf, wie der Equal Pay Day belegt, der auf den Gender Pay Gap, also das geschlechtsspezifische Lohngefälle hinweist. Teilweise sind sogar Rückwärtsentwicklungen auszumachen, wie bei der aktuellen Parlamentszusammensetzung in Berlin, wo der Frauenanteil seit den Bundestagswahlen 2017 von zuvor 36 Prozent auf 31 Prozent gesunken ist.

Eine Frauenärztin berichtete mir im dritten Buch, dass junge Paare mit einer modernen Einstellung in den Kreissaal hineingingen, diesen jedoch mit dem alten Rollenmuster als junge Eltern wieder verlassen würden. Nach wie vor kann man auch sagen, dass bezahltes Ehrenamt in Männerhand ist und das unbezahlte Ehrenamt in Frauenhand. Die Frauen wiederum leisten erheblich mehr Sorgearbeit, für die sie keine adäquate finanzielle Anerkennung erhalten. Zudem haben sie dadurch weniger Freiraum, um sich politisch zu engagieren und sich z.B. für die Interessen von Frauen einzusetzen.

Das deutsche Steuersystem ist leider auch in dieser Hinsicht kontraproduktiv und in Bezug auf Chancengerechtigkeit längst modernisierungsbedürftig. Viele Frauen merken erst kurz vor dem Renteneintritt, wie prekär es um ihre Altersversorgung steht.

FiF: Vorbilder werden in Ihren Büchern oft porträtiert. Teilweise ist dies das Hauptthema. Warum sind Vorbilder für die eigene Karriere so wichtig?

Es ist aus Studien bekannt, dass Frauen Vorbilder brauchen, an denen sie sich orientieren können. Da aber eher Bücher über weibliche Prominente zu finden sind, entschied ich mich, ein Buch über erfolgreiche Managerinnen und Coaches aus meinem persönlichen Umfeld zu schreiben. Sie erzählten mir aus dem Nähkästchen, wie es ihnen auf dem Karriereweg ergangen ist und wie sie insbesondere auch mit Niederlagen umgegangen sind. Es ist wichtig zu wissen, dass der Weg nach oben nicht geradeaus, sondern oftmals in Serpentinen verläuft. Manchmal sind da auch Seitwärtsbewegungen enthalten, oder wie in meinem Fall sogar berufliche Rückschläge.

Das Feedback zu diesem Buch über erfolgreiche Frauen war so positiv, dass ich im nächsten Buch die kreativen Frauen erzählen lies.

FiF: Hatten Sie selbst ein (weibliches) Vorbild?

Für mich ist Marie Curie ein großes Vorbild, da sie trotz Familie als Wissenschaftlerin sehr erfolgreich war und dafür sogar zweimal mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Sie musste sich in einer Männerwelt behaupten und den frühen Unfalltod ihres genauso erfolgreichen Ehemannes verkraften. Mit ihm zusammen forschte sie an der Radioaktivität. Die Beiden sind für mich das Symbol, wie sich die männliche und weibliche (Forscher-)Perspektive in genialer Weise ergänzen und aus der beruflichen Zusammenarbeit von Frau und Mann auf Augenhöhe Großartiges entstehen kann. Es ist ein schönes Beispiel für das Erfolgsmodell Diversität.

FiF: Haben Sie Routinen bei den vielen Frauen aus Ihrem Buch erkannt, die Sie als Faktoren für einen effektiven und erfolgreichen Arbeitsalltag empfinden?

Gerade bei den kreativen Frauen bin ich auf den Begriff „Flow“ gestoßen. Ich konnte in den Gesprächen mit ihnen spüren, wie sie ihre Aufgaben mit Leidenschaft verfolgen. Diese Begeisterung für eine Tätigkeit bewirkt immer wieder den Zustand des „Flow“. Die Frauen sind dabei so in ihr Tun vertieft, dass sie ringsherum alles vergessen, so wie man es bei kleinen Kindern erleben kann, die in ihr Spiel vertieft sind.

Aufgrund dieser Erfahrung halte ich es für wichtig, dass sich jeder  bewusst wird, worin seine Stärken liegen. Im besten Fall findet man eine Tätigkeit, bei der man diese Stärken nutzen und entfalten kann. Davon profitieren dann alle Beteiligten. Denn Dinge, die ich mit Leidenschaft verfolge, sind in der Regel erfolgreich.

FiF: Welche Entscheidungen haben dazu geführt, dass Sie sind, wer Sie sind?

Die Entscheidung, das Studium berufsbegleitend zu absolvieren, sorgte schon frühzeitig für ein Fokussieren auf wesentliche Aspekte. In einer Management-Klausur zum Beispiel, die ein Riesenpaket an Wissen umfasste, machte es mir Spaß, mich auf das Wichtigste zu konzentrieren und ich war damit äußerst erfolgreich. Auch bei den Herausforderungen einer Großfamilie konnte ich auf diese Strategie zurückgreifen. Das permanente sich Einstellen auf neue Situationen, das im Umgang mit Kindern erforderlich ist, erleichtert einem im späteren Werdegang zudem, sich beruflichen Veränderungen flexibel anzupassen und neue Herausforderungen anzunehmen.

Foto: Sarah Hähnle

Dass berufliche Auszeiten zu Karrierehindernissen werden, ist leider immer noch in den Köpfen von Personalverantwortlichen verankert. Dabei sollte eigentlich der Blick darauf gerichtet werden, welche Kompetenzen in diesen Zeiten erworben wurden. Diese Erfahrung war für mich die Motivation, das Thema Chancengerechtigkeit in Büchern aufzugreifen. Und damit stieß ich auf große Resonanz. Meine Leserinnen und Leser bestärken mich immer wieder, an diesem Thema dranzubleiben und mich weiter dafür zu engagieren.

FiF: Was war der beste Rat, der Ihnen in Ihrer beruflichen Karriere je gegeben wurde?

Hier kann ich sagen, dass ich immer wieder Vorgesetzte hatte, die mein Potential erkannt haben und mich selbständig agieren ließen. Nach dem Motto „Mach das jetzt, probiere es einfach aus!“ Sie haben mir Verantwortung übertragen und es hat funktioniert. So bringe ich auch heute gerne in Entscheidungsgremien die weibliche Sichtweise mit ein und freue mich über die Wertschätzung hierfür.

Es ist also von großer Bedeutung, jemanden zu haben, der einem fördert und als Mentorin oder Mentor unterstützt.

FiF: Letzte Frage: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden?

Seit meinen Studientagen führe ich ein Wochenkalendarium, in das ich meine Projekte und Termine eintrage. An jedem Tag werfe ich zunächst einen Blick auf die bevorstehenden Aktivitäten und bereite mich damit mental auf die Aufgaben des Tages vor. Das finde ich äußerst hilfreich und es erlaubt mir, immer den Überblick zu behalten, sowohl über den aktuellen Tag, als auch über die gesamte Arbeitswoche.

Gerne trage ich darin auch Erfolge ein, wobei ich irgendwann dazu übergegangen bin, eine Art Erfolgsmappe zu führen. Darin sammle ich meine Erfolge in Form von Fotos, Zeitungsberichten oder Feedbacks. Ab und zu schaue ich mir die Mappe an und freue mich über meine persönliche Erfolgsstory.

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