Interview: Ruth Terink (Wirtschaftscoach & Autorin)

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Ruth Terink
© Elisabeth Grebe

„Entscheidend ist, dass Frauen ihre eigenen Qualitäten kennen und hoch einschätzen.“

„Typisch Frau“ – einen Ausdruck, den wir sicherlich oft im Berufsalltag hören. Dies muss gar nicht negativ gemeint sein, denn es gibt viele Verhaltensweisen, die typischerweise Frauen zugeordnet wird. Ruth Terink hat dazu ein Buch geschrieben, warum Männer und Frauen gerade aufgrund ihrer unterschiedlichen Talente ganz hervorragend erfolgreich miteinander arbeiten können.

Im Interview gibt sie uns einen ersten Einblick, welches typisch weibliche Verhaltensweisen sind, welche Fehlverhalten Frauen dringend abstellen sollten und wie frau die männlichen Kollegen mit ins Boot holt um gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

FiF: Frau Terink, Sie sind Wirtschaftscoach, Trainerin und Buchautorin. Schildern Sie uns bitte Ihren Lebenslauf.

Sofort nach dem Studium der Rechtswissenschaften habe ich mich entschlossen, in die Wirtschaft zu gehen und war 12 Jahre lang als Key-Account-Managerin, Leiterin einer Zweigstelle und des Firmenkundenteams einer Bank tätig. Bei meinem Start als junge Führungskraft hatte ich noch an keinen Führungs- und Managementkursen teilgenommen. Ich startete also sofort mit einem Sprung ins kalte Wasser in die Führungspraxis – das war eine Hürde und gleichzeitig eine große Antriebskraft. Die folgenden Führungstrainings konnte ich richtig gut brauchen. Mit großer Begeisterung und vielen Ausbildungen bin ich in einer Personalentwickler-Laufbahn gelandet, war lange Recruiterin, Führungskräfte- und Kommunikationstrainerin und habe mich dann selbständig gemacht. Meine heutigen Kernthemen sind Leadership, Gender Balance in Unternehmen und Karrieremanagement für Frauen.

FiF: In Ihrem Buch „Typisch Mann, typisch Frau?“ schreiben Sie über die Unterschiede der Geschlechter. Was sind denn typisch weibliche und was typisch männliche Eigenschaften?

Ich spreche von Verhaltensweisen –  nicht Eigenschaften – die typisch für Frauen oder für Männer sind. Natürlich gilt das nicht für alle. Zu beobachten ist eine Trefferquote von circa 80 Prozent. Ein Beispiel ist der Umgang der Geschlechter mit Problemen. Männer räumen Probleme so rasch wie möglich vom Tisch. Warum das? Männer wollen Probleme beherrschen und ihnen auf keinen Fall ausgeliefert sein. Ganz anders Frauen: sie wollen die Ursachen eines Problems verstehen, um es langfristig und gründlich zu lösen. Beide Vorgehensweisen haben ihre Vorteile – es kommt darauf an, um welches Problem es geht!

FiF: Als typische weibliche Fehler machen Sie „Konjunktivitis“, Entschuldigungen und Rechtfertigungen aus. Sind das Ihrer Meinung nach die größten Fehlverhalten von Frauen im Beruf?

Was ich meine, sind Verhaltensweisen, mit denen sich Frauen nichts Gutes tun, wenn sie beruflich weiterkommen wollen. Bei der Verwendung von Konjunktiven kommt es natürlich immer auf die Situation an. In Präsentationen, Meetings und Verhandlungen bremsen sich Frauen durch häufige Verwendung von Konjunktiven selbst aus. Sie brauchen Überzeugungskraft und die entsteht nicht durch „könnte, würde, sollte“.

Eine große Zahl von Frauen hat einen Hang zum Perfektionismus. Frauen  wollen alles richtig und es allen Recht machen – das funktioniert nicht. Wenn es zu kritischem Feedback kommt, fühlen sich Frauen leicht angegriffen und gehen dadurch gleich in die Rechtfertigung und sabotieren sich dadurch selbst. Was hilft, das sind realistische Anforderungen an die eigene Leistung und das Verlernen von automatisierten Entschuldigungen und Rechtfertigungen.

FiF: Diversität ist auch ein Hauptthema. Warum ist es so wichtig? Welche Vorteile bringt sie mit?

Diversität schafft Vielseitigkeit und bringt jede Menge Vorteile für Teams und Organisationen. Sie verhilft Teams zu einem breiten Spektrum an Fähigkeiten und Kenntnissen. Jeder trägt etwas anderes bei, das stärkt den Selbstwert des einzelnen und das Teamgefühl. Unternehmen, die sich zu den Werten Diversität und Inklusion bekennen, dürfen sich über ein positives Arbeitgeberimage und geringe Mitarbeiterfluktuation freuen. Außerdem sorgt Vielfalt für Innovation und bessere Unternehmensergebnisse.

FiF: Was können Ihrer Meinung nach aufstrebende und ambitionierte Frauen tun, um die Diversität im Unternehmen zu fördern?

Es sind die Unternehmen selbst und deren Key-Player, wie Geschäftsführung und Personalverantwortliche, die hier am Zug sind. Ein guter erster Schritt ist es, das Thema auf die Agenda zu setzen und zum Ziel zu machen. Ein nächster Schritt ist, Interviews mit Mitarbeitern beider Geschlechter und in unterschiedlichen Funktionen zu machen. Daraus gewinnt man Erkenntnisse für ein ausgewogenes Miteinander der Geschlechter, die Förderung ambitionierter Frauen und die konkreten Vorteile von Mixed Leadership für das Unternehmen. 

FiF: Sie schreiben auch ganz klar, dass eine Veränderung nur funktioniert, wenn Männer und Frauen gemeinsam an einem Strang ziehen. Welche männliche Eigenschaft sollte frau dabei beachten, um dieses Miteinander zu erzeugen und nicht als „Emanze“ dargestellt zu werden?

Entscheidend ist, dass Frauen ihre eigenen Qualitäten kennen und hoch einschätzen. Dann werden sie ganz selbstverständlich auf Augenhöhe agieren und nicht mehr den Drang verspüren, sich an die Verhaltensweisen von Männern anzupassen. Frauen brauchen aber auch die Männer im Boot, und hier wird es herausfordernd. Viele Männer haben Ängste vor der neuen Stärke der Frauen, können das aber weder sich selbst noch anderen eingestehen. Zwei Dinge sind hilfreich. Erstens: Wenn Männer erkennen, was sie selbst zu gewinnen haben, wenn sie Einfluss und Verantwortung mit den Frauen teilen. Zweitens, wenn Unternehmen sich mit dem Thema „Unconscious bias“ (unbewusste Voreingenommenheit) konstruktiv auseinandersetzen.

FiF: Gibt es einen Karriere-Tipp, der Ihnen auf Ihrem Weg sehr geholfen hat?

Vor vielen Jahren hatte ich ein Gespräch mit dem Vorstand über meine berufliche Laufbahn. Er sagte zu mir: „Ich sehe Sie in wenigen Jahren als Regionalleiterin. Machen Sie sich jetzt schon logisch dafür.“ Es hat etwas gedauert, bis mir klar war, was er meinte: In Meetings aufstehen und die eigene Meinung sagen, auch wenn sie nicht der Mehrheit entspricht.  Mal ein Risiko eingehen und dafür Respekt gezollt bekommen. In Projekten mitarbeiten oder sie leiten. Kurzum: bekannt sein in einem positiven Sinn und Pluspunkte sammeln für die weitere Laufbahn. Das ist es, was ich heute vielen Frauen rate, die ihre Karriere mit Strategie angehen wollen.

FiF: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden?

Mein petrolfarbenes Kanban-Board. Ein Kanban-Board ist ein Tool zur Visualisierung der wichtigsten aktuellen Projekte. Meins hat 3 Spalten: „in Planung“, „in progress“ und „done“. Warum ich es so schätze? Es verschafft mir Überblick: ich weiß jederzeit, wie weit ich mit meinen wichtigsten Themen bin. Und ich genieße den Moment, wenn ich einen Aufgabenzettel von „in progress“ zu „done“ hänge. Außerdem hänge ich immer Bilder und Sprüche dazu, die mich motivieren oder zum Lächeln bringen. Jetzt gerade ein Spruch auf blitzblauem Hintergrund: “Insgesamt verbringt man viel zu wenig Zeit am Meer“ und ein Bild des Berliner Fernsehturms zwischen bunten Lollies.

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