Interview: Jürgen Zulley (Schlafforscher)

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Jürgen Zulley Titel Schlafforscher

„Zu wenig Schlaf macht krank, dumm und dick!“

Er ist einer der bekanntesten, wenn nicht der bekannteste Schlafforscher Deutschlands. Prof. Dr. Jürgen Zulley, Diplom-Ingenieur und Diplom-Psychologe sowie Professor für Biologische Psychologie war vor seinem Ruhestand über 45 Jahre auf den Gebieten Schlafforschung, Chronobiologie und Klinischen Psychologie tätig.

Er führte zahlreiche Schlafuntersuchungen durch, entdeckte so die Zusammenhänge zwischen dem Schlaf und biologischen Rhythmen und konnte die große Bedeutung von Mittagsschlaf dank seiner Tagschlafuntersuchungen belegen.

Die Schlafschule

2001 entwickelte und gründete er die Schlafschule für Betroffene mit Schlafstörungen oder Menschen, die tagsüber leistungsfähiger werden wollten. Ziel der Schlafschule: „Erholsamer Schlaf als Voraussetzung für Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.“ Bereits 2002 erhielt er dafür den Bayerischen Innovationspreis. Eine derartige, erfolgreiche Einrichtung hatte es in Deutschland bisher nicht gegeben.

Prof. Dr. Jürgen Zulley sieht sich selbst als Missionar, der den Menschen die enorme Wichtigkeit des Themas Schlaf und Wachen näher bringen möchte. Deshalb hat er über seine Arbeit hinaus Bücher und Publikationen geschrieben.

Wir freuen uns, dass Prof. Dr. Zulley uns, trotz Ruhestand, ein Interview gegeben hat. Darin erklärt er, was Businessfrauen im anstrengenden und zeitintensiven Arbeitsalltag tun können, um trotzdem genügend Schlaf zu bekommen. Darüber hinaus erläutert er die typisch weiblichen Schlafeigenschaften und gibt einen Einblick in den „perfekten“ Schlaf.

FiF: Schildern Sie bitte kurz Ihren Lebenslauf.

Vom Diplom-Ingenieur zum Diplom-Psychologen und jetzt Professor für Biologische Psychologie arbeitete ich seit über 40 Jahren auf den Gebieten der Schlafforschung und Chronobiologie. Außerdem war ich auch als Psychotherapeut tätig. Ich war bis zu meinem Ruhestand Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Universität Regensburg. Für meine Forschungen erhielt ich zahlreiche nationale und internationale Preise. Ich engagierte mich in der Öffentlichkeitsarbeit und bin auch Buchautor. Weitere Informationen: www.zulley.de

FiF: Bei Führungskräften kommt der Schlaf oftmals zu kurz. Welche Folgen kann eine durchschnittliche Schlafenszeit von 4-5 Stunden pro Nacht haben?

Ich habe es einmal recht plakativ beschrieben: Zu wenig Schlaf macht krank, dumm und dick. Das klingt vielleicht übertrieben, ist aber in hunderten von Studien belegt worden. Erst vor kurzem zeigt wieder eine Untersuchung, dass zu wenig Schlaf das Risiko für Infektionserkrankungen deutlich erhöht. Dies ist nur ein Beispiel.  Unsere Gedächtnisspeicherung benötigt den Schlaf, sonst vergessen wir viel häufiger und auch das Lösen komplexer Aufgaben benötigt ausgeschlafene Menschen. Ebenso kann Schlafmangel zu Übergewicht führen. Weiterhin zeigt sich eine kürzere Lebenserwartung. Dies alles aber nur bei chronischem Schlafmangel.

FiF: Haben Sie in Ihrer jahrelangen Erforschung des Themas Schlaf Unterschiede zwischen Männern und Frauen feststellen können?

Es gibt einige Unterschiede. So tendieren Frauen dazu, länger zu schlafen und früher ins Bett zu gehen. Sie benötigen etwas länger zum Einschlafen, wobei der folgende Schlaf etwas tiefer ist. Frauen leiden häufiger unter Ein- und Durchschlafstörungen, dafür weniger unter Atemstillständen, verbunden mit Schnarchen (Schlafapnoe). Und natürlich führen die hormonellen Veränderungen der Frauen auch häufig zu Störungen des Schlafes. Frauen erinnern sich häufiger an Träume, an die sie auch mehr Interesse zeigen. Während Frauen häufiger von Kleidung und Personen träumen, sind es bei Männern eher physische Aggressivität, Sexualität und Arbeit. So die derzeitige Studienlage.

FiF: Nach dem Geschäftsessen und einem Abstecher an der Hotelbar wartet eine kurze Nacht. Was raten Sie der Businessfrau um am liebsten sofort einzuschlafen und einigermaßen erholt aufzuwachen?

Auf den Absacker zu verzichten und zum Einschlafen ein bereits vorher eingeübtes Entspannungsritual benutzen. Das kann auch leise ruhige Musik sein. Sich klarmachen, dass eine einzelne kurze Nacht nicht bedeutet, das der nächste Tag ein Desaster wird. Man kann dann sogar recht fit sein, sofern keine langweilige Tätigkeit droht. Morgens hilft helles Licht, muntere Musik und ein Kaffee zum Wachwerden.

FiF: Viele Frauen wünschen sich flexible Arbeitszeitmodelle und sind dafür auch bereit abends, wenn die Kinder im Bett sind, noch 2 Stunden aus dem Homeoffice zu arbeiten. Was sollten diese Frauen beachten, um später schnell einzuschlafen?

Das machen zwar viele, beinhaltet aber ein beträchtliches Risiko, Probleme beim Einschlafen zu bekommen. Die Konzentration bei der Arbeit, das Licht des Bildschirms „drehen“ uns auf und führen zur Anspannung. Aber Entspannung ist der Königsweg in den Schlaf. Also auf 1 Stunde reduzieren und danach entspannen und abschalten.

FiF: Wie sieht der „perfekte“ Schlaf aus? 8-Stunden in der Nacht, ein Powernap tagsüber oder mehrere, kurze Sequenzen?

Als „perfekten“ Schlaf würde ich 7 Stunden in der Nacht und tagsüber einen maximal 30minütigen Mittagsschlaf empfehlen. Daran denken, dass häufiges, aber kurzes nächtliches Erwachen normal ist und das es für den Erholungswert des Powernaps nicht unbedingt notwendig ist, dass tatsächlich geschlafen wird, Entspannung reicht auch.

FiF: Viele (gerade Mütter) kennen das Phänomen. Manchmal wird man mitten in der Nacht wach und fühlt sich topfit. Klingelt später der Wecker, will man auf gar keinen Fall aufstehen. Woran liegt das? Und ist es möglich, den eigenen Schlafrhythmus herauszufinden und sich danach den Wecker zu stellen?

Im Schlaf durchlaufen wir ein 90minütigen Rhythmus von leichterem und tieferem Schlaf. Werden wir im leichteren Schlaf wach, fühlen wir uns fit, im tieferen Schlaf dagegen kann es eine Qual sein, aufzustehen. Falls der Wecker uns morgens nur mühsam wecken kann, kann versucht werden, die Weckzeit etwas früher zu stellen (15 – 30 Minuten). Dann „erwischt“ uns der Wecker vielleicht in einer leichteren Schlafphase und das Aufstehen fällt leichter.

FiF: Sie haben viele, verschiedene Bücher zum Thema Schlaf geschrieben. Welches dieser empfehlen Sie Businessfrauen und warum?

Geht es auch um die Behandlung von Schlafstörungen, würde ich „Mein Buch vom guten Schlaf“ empfehlen. Ansonsten die „Schlafkunde“. In dem letzteren Buch wird der Schlaf mit seinen Besonderheiten im Alltag beschrieben, auch mit vielen Tipps zum Umgang in Berufsalltag (Der blaue Montag, das Erwachen, Schlaf und Reisen u.v.a.m.)

FiF: Toll, viele interessante Informationen. Vielen Dank Herr Zulley!

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