Interview: Katrin Prüfig (Moderatorin & Autorin)

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„Wir machen es unseren Zuhörenden unnötig schwer zuzuhören.“

Im letzten Interview hat uns Viv Groskop Tipps für einen selbstbewussten Vortrag gegeben, heute widmen wir uns der Stimme. Expertin Katrin Prüfig, Autorin von „Führungsinstrument Stimme“ erzählt uns, warum Frauen mehr stimmliche Herausforderungen im Job haben, mit welcher Übung wir Stimmprobleme vor einem Auftritt vorbeugen und wie ein Fitnesskurs für die Stimme aussieht.

FiF: Frau Prüfig – Fernsehmoderatorin, Journalistin, Podcasterin und Medientrainerin. Bitte schildern Sie kurz Ihren Lebenslauf.

Ich habe fast 25 Jahre lang als Journalistin und Moderatorin gearbeitet. Zunächst beim Radio, dann bei RTL, dann lange im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Parallel habe ich mir den Trainingsbereich erschlossen, eine Coaching-Ausbildung gemacht – und bin nun auch bereits 20 Jahre als Medien- und Kommunikationstrainerin tätig. Ich arbeite auf Deutsch und Englisch, in Deutschland und im europäischen Ausland. Zuletzt habe ich einen Master im Fach Kognitive Neurowissenschaften gemacht, daher stammt auch die Idee für das Buch.

FiF: Vor kurzem wurde Ihr Buch „Führungsinstrument Stimme“ veröffentlicht. Was ist so wichtig an der eigenen Stimme im Beruf?

Unsere Stimme verrät viel über unsere Persönlichkeit, über Stärke oder Schwäche und wie es uns gerade geht. Wenn wir uns bewusst machen, welche Signale wir in Sachen Kompetenz, Selbstbewusstsein und Leidenschaft senden können, also worauf es bei der Stimmführung ankommt, wirken wir charismatischer und überzeugender. Und dass ist im digitalen Miteinander nochmal wichtiger geworden. Denn in digitalen Meetings haben wir neben der Mimik vor allem die Stimme, die wirkt, strukturiert und überzeugt – oder eben nicht.

FiF: Zu piepsig, leise oder zu monoton. Meistens wird Frauen unterstellt ihre Stimme „falsch“ einzusetzen, woraus Nachteile im Job resultieren. Können Sie dem zustimmen, dass das Thema Stimme vor allem für Frauen wichtig ist?

Ja, eine gute Stimmführung und somit wirksames, charismatisches Sprechen ist für Frauen noch etwas wichtiger als für Männer. Sie „senden“ meist auf einer höheren Frequenz und klingen schneller, als sie tatsächlich sprechen. Frauen haben deshalb auch besonders viel Potential, das sie nicht nutzen. Zum Beispiel ist es ein klares Kompetenzsignal, am Ende eines Gedankens oder auch Satzes mit der Stimme tief runterzugehen. Die Forschung nennt das den „finalen Fall“, der hörbare Punkt. Danach passt es oft gut, eine kurze Sprechpause zu machen. Das gibt dem Gesagten Nachdruck.

Es kommt hinzu, dass Frauenstimmen im digitalen Raum durch die sogenannte Kompression des Datensignals benachteiligt werden. Sie müssen also mit ihrer Stimme noch stärker arbeiten, um ähnlich charismatisch zu sprechen wie die Männer.

FiF: Gibt es denn eine Übung, die jede*r kurz vor dem eigenen Auftritt durchführen kann um Nervosität und daraus resultierende Stimmprobleme zu minimieren?

Es gibt tatsächlich eine ganze Reihe von Übungen gegen Lampenfieber und zittrige Stimmen. Viele fokussieren auf einen guten, ruhigen Atem mit Betonung auf der Ausatmung.  Ich empfehle und nutze folgende Kombination: Stehen oder sitzen Sie aufrecht in maximaler Präsenz. Allein das signalisiert unserem Gehirn: Alles unter Kontrolle! Atmen Sie in einem gleichmäßigen Rhythmus in drei Schritten. Zählen Sie bei jedem Schritt z.B. bis 4: Einatmen und bis 4 zählen, ausatmen und bis 4 zählen, dann Atempause – ebenfalls bis 4 zählen. Gern zehnmal wiederholen. Dieser gleichmäßige Rhythmus senkt die Anspannung messbar.

Wenn Sie das noch durch stärkende Gedanken begleiten, im Sinne von „Ich schaffe das!“, haben Sie gut für sich gesorgt.

FiF: In Ihrem Buch erhalten die Leser*innen einen 10-Wochen-Fitnesskurs für mehr akustisches Charisma. Worum geht es in diesem Kurs?

Jede Woche hat einen anderen Schwerpunkt. Denn: Charismatisches Sprechen ist mehr als Sprechtechnik. Es fängt bei der inneren Haltung an: Traue ich mir das zu? Die Körperhaltung spielt eine Rolle, Mimik, Gestik. Dann der Inhalt: Wie lebendig ist er aufbereitet? Wie viele Beispiele oder Ich-Botschaften nutze ich? Dann kommt etwas Technik ins Spiel im Sinne von guten Betonungen, guten Pausen, guten Satzenden. Rhythmus und Struktur. Es muss im besten Fall alles zusammenpassen, damit ich meine Botschaften kraftvoll und wirksam rüberbringen kann.

FiF: Kann denn jede*r ein Barack Obama werden, motivierend und mitreißend?

Eine gute Verkäuferin würde jetzt sagen: Klar! Bucht einfach ein Training bei mir…! Stimmt aber so nicht. Barack Obama hat selbst hart an sich gearbeitet und ist in der Tat ein Superstar im akustischen Charisma. Wir können viel von ihm lernen. Als Trainerin geht es mir im ersten Schritt darum aufzuzeigen, dass wir beim Sprechen viele Chancen gar nicht nutzen. Wir machen zu wenig aus unserer Stimme und Sprechweise, geben unserem Redefluss zu wenig Struktur. Und das heißt auch: Wir machen es unseren Zuhörenden unnötig schwer zuzuhören und dran zu bleiben. DAS können wir ändern – und das lohnt sich!

FiF: Haben Sie einen Karriere-Tipp, der Ihnen auf Ihrem Weg sehr geholfen hat?

Reib‘ Dich nicht in Kämpfen auf, die Du nicht gewinnen kannst. Geh‘ weiter. Weg von den Energiefressern hin zu neuen Aufgaben, die Kraft spenden und glücklich machen.

FiF: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden?

Nachdem Viv Groskop im September hier schon dankenswerterweise etwas über Ansteckmikrofone gesagt hat, finde ich ein gutes USB-Tischmikrofon für das digitale Miteinander unverzichtbar. Technisch schlechter Ton nervt! Dagegen können wir auch mit der besten Stimme nicht anreden. Also: Die Investition lohnt sich.

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