Gastbeitrag: Digitale Fitness von Unternehmen

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Wie sie gelingt und worauf es ankommt

Lutz Hirsch hat bereits 2005 eine Agentur gegründet, die sich ausschließlich mit dem Thema digitale Arbeitsplätze befasst. Da dieses Thema gerade in Corona- und Lockdownzeiten aktueller denn je ist, hat er uns in einem Gastbeitrag erläutert, wie digitale Fitness für Unternehmen aussieht und wie jede von uns diese umsetzen kann.

Beim Begriff der digitalen Fitness, also der Fähigkeit eines Unternehmens, über digitale Strukturen effizient und erfolgreich zu agieren, fließen nicht nur technische, sondern auch organisatorische Aspekte mit ein. Kurz auf den Punkt gebracht, handelt es sich um das Zusammenspiel von IT, Personal, Kommunikation und Führungsebene. Sie alle gestalten gemeinsam über digitale, cloudbasierte Infrastrukturen und Tools die bisher teils noch eher analogen Arbeitsweisen und Prozessabwicklungen innerhalb des Unternehmens neu und transformiere sie in die digitale Welt. Hierbei übernimmt die IT klassisch natürlich den grundlegenden technischen Part für die Einführung und Bereitstellung des digitalen Arbeitsplatzes. Die Abteilungen Personal und Unternehmenskommunikation bauen darauf auf und etablieren die notwendige neue Kultur für die digitale Zusammenarbeit.

Gerade das frühzeitige Informieren, Schulen und Vorgeben von Leitlinien ist in Hinblick auf digitale Fitness und den Weg dorthin unabdingbar. Es reicht bei Weitem nicht aus, nur die technischen Voraussetzungen für Digitalisierung bereitzustellen, es müssen klare Vorgaben für die Nutzung und Schulung zu den neuen Tools und Strukturen an die MitarbeiterInnen weitergegeben werden. Die neuen Werkzeuge wollen im Arbeitsalltag verankert sein, damit sie ihren größten Nutzen generieren können.

Zusammenspiel einzelner Unternehmensbereiche

Hier sollten Personalabteilung und Unternehmenskommunikation entsprechend frühzeitig Aufklärung und Coaching-Arbeit leisten, um alle KollegInnen bestmöglich und alters- sowie jobprofilspezifisch abzuholen und anzuleiten. Ebenso sind beide Abteilungen die besten Beispielnutzer und verwenden und bespielen die neuen Kanäle und Tools von Anfang an.

So werden etwa Videos, How-to-Anleitungen, das Intranet oder das interne Social Network, Umfrage-Tools und virtuelle Team-Meetings oder unternehmensweite Formate wie eine Academy und auch Firmenevents – rein virtuell – hier organisiert und für das Kollegium aufbereitet und dargestellt.

Zusammen mit IT, Personal und Unternehmenskommunikation nimmt auch die Führungsebene eine wirkungsvolle, weil sehr sichtbare Rolle als VorreiterIn in der Nutzung und Anleitung zu den neuen Tools und Strukturen ein.

Die Komponenten des digitalen Arbeitsplatzes

Die Vorteile einer eher oder sogar rein digital organisierten Zusammenarbeit liegen klar auf der Hand. Prozesse können wesentlich zeiteffizienter abgewickelt werden, da alle Beteiligten innerhalb des Unternehmens direkten und sicheren Zugriff auf für sie relevante Daten und Systeme haben – und das praktisch von überall. Idealerweise besteht der vielzitierte „Digital Workplace“ dabei aus einem Intranet als digitalem Campus, in den bzw. über das die Belegschaft tagtäglich nicht nur Zugang zu relevanten Unternehmens-News bekommt, sondern in dem auch Werte und Marke vermittelt werden und die Organisation so spür- und erlebbar wird. Zudem sollten Plattformen speziell zur Vernetzung und zum Wissenstransfer eingesetzt werden, ebenso solche für Kollaboration sowie zur reinen Digitalisierung von Prozessen und Abläufen im Unternehmen. Dabei immer wichtig: Egal, ob Büroarbeitsplatz oder Homeoffice und Remote-Zugriff, alle Systeme und Anwendungen sollten auch mobil bzw. dezentral laufen.

Neue Kultur für das digitale Führen der Teams

Wenn dann beispielsweise verschiedene Abteilungen oder auch Teams an unterschiedlichen Orten arbeiten und virtuell “meeten” oder ein Teil im Büro und ein anderer Teil im Homeoffice arbeitet, sind ganz neue und eher auf Empathie beruhende Führungsstile gefragt. Es gilt weiterhin alle gleichermaßen gut zu erreichen und zu informieren und nach wie vor auch in hybriden Arbeitsmodellen zu leiten. Dabei bedarf es gerade bei dezentral verteilten Teams einer besonderen Führungskultur.

Manche KollegInnen werden im Büro direkt persönlich erreicht und haben so nach wie vor das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Nähe, andere sind im Homeoffice und gerade hier eignen sich besonders Video-Calls, Video-Botschaften oder auch virtuelle Live-Sessions, um trotz Distanz digitale Nähe zu schaffen. Statt der oft eher kontrollierenden Kultur sollte hier eine vertrauensbasierte Kultur gelebt und vorgegeben werden. Häufig gelingt dies auch anhand von vermehrter Eigenorganisation durch und in einzelnen Teams, und doch schafft nach wie vor die Unternehmensführung weiterhin Orientierung und Sicherheit über die geeigneten digitalen Kanäle.

Prävention von digitalem Stress

Neben all den Vorteilen hinsichtlich digitaler Strukturen und Tools für die rein technische Zusammenarbeit wünschen sich ArbeitnehmerInnen aber besonders auch klare Vorgaben und Handlungsempfehlungen für diese neue Kultur der digitalen Kollaboration. Laut den Ergebnissen einer kürzlich veröffentlichten Studie von Kantar im Auftrag von HIRSCHTEC haben Berufstätige den Wunsch nach Prävention von digitalem Stress durch ihren Arbeitgeber. Mehr als die Hälfte von ihnen wünscht sich sehr stark bzw. stark flexible Arbeitszeit- und -ortsmodelle, über ein Drittel offizielle Regelungen zur digitalen Erreichbarkeit und fast ein Drittel klare Vorgaben dazu, welches digitale Tool für welchen Anwendungsfall genutzt werden soll. Dabei erhoffen sich Berufstätige in den Dreißigern (64 Prozent) wesentlich stärker flexible Arbeitszeit- und ortmodelle als die über 60-Jährigen (46 Prozent).

Die Ergebnisse zeigen: Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeit- und ortsmodellen ist groß und zwingt Arbeitgeber zum Handeln. Mit Blick auf den Wunsch nach diesen Modellen, die sich an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden ausrichten, zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Frauen und Männern: Wünschen sich 67 Prozent der Frauen diese Modelle sehr stark bzw. stark, sind es nur 47 Prozent – und damit genau 20 Prozent weniger – bei den Männern.

Hintergrund hierfür könnte sein, dass das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ nach wie vor eines ist, das Frauen stärker zu betreffen scheint als Männer und daher bei ihnen zu einem ausgeprägten Wunsch nach mehr Flexibilität am Arbeitsplatz führt. Zudem war im Zuge des Corona-Lockdowns immer wieder zu lesen – z. B. in einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung – dass viele Frauen in dieser Zeit die Kinderbetreuung übernommen und ihre Arbeitszeit reduziert haben. Im Nachhinein betrachtet könnte dies ebenfalls ein Faktor dafür gewesen sein, dass sie sich zukünftig von ihrem Arbeitgeber wünschen, dass dieser diesbezüglich stärker auf ihre Bedürfnisse eingeht.

Gerade die Flexibilität und die Möglichkeit, sofern jobspezifisch möglich, die Arbeit vollständig aus dem Homeoffice heraus oder von einem dezentralen Ort aus zu erledigen, ist eines der wichtigsten Kriterien für ArbeitnehmerInnen. Sind die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen, stehen also Hardware und Software entsprechend bereit, gilt es die Paradedisziplin „digitale Fitness“ zu meistern. Über die technischen Voraussetzungen bis hin zu den eher kulturellen Auswirkungen der rein digitalen Kollaboration.

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