„Abwarten und hoffen klappt eher selten.“
Claudia Bünte hat bei einigen Global Playern gearbeitet, deren Marken weltweit bekannt sind. Wahrscheinlich war es deshalb die logische Konsequenz, dass sie sich selbstständig gemacht hat um andere Personen und Unternehmen zu unterstützen, eine Marke aufzubauen.
Und sie gehört zu den Frauen, die kein Blatt vor den Mund nehmen. Sie ist direkt, ehrlich und spart nicht an Kritik. Doch sie kennt auch die Tücken im Business, vor allem wenn es darum geht Karriere in Konzernen zu machen.
Im Interview erläutert Claudia Bünte, worauf junge Frauen achten sollten um die eigene „Marke“ im Business zu etablieren. Sie benennt Fragestellungen um in Konzernen weiter zu kommen und gibt Tipps für Gründerinnen, um direkt Kunden zu gewinnen.
FiF: Frau Bünte, McKinsey, Coca-Cola, Volkswagen und NIVEA. Sie haben bei einigen der weltweit bekanntesten Unternehmen gearbeitet. Schildern Sie uns bitte Ihren Lebenslauf.
Ich komme aus einem kleinen Dorf in Niedersachsen. Als Kind war die Fahrt ins 16 km entfernte Osnabrück schon eine Weltreise. Das wollte ich ändern: Studium in Berlin und in England, danach eine Doktorarbeit im internationalen Marketing bei NIVEA, anschließend durfte ich internationale Klienten betreuen im Marketing und Vertrieb bei McKinsey. Danach verantwortete ich das globale Marketing und die Markenführung für 167 Länder bei Volkswagen und war bei Coca-Cola für Europa zuständig für Consumer Insights und die Ableitung von Strategien für das Unternehmen.
Heute bilde ich internationale Studenten in BWL und Marketing aus und führe die Geschäfte von Kaiserscholle GmbH – wir unterstützen unsere Klienten in ihren Herausforderungen bei der Markenführung, im Marketing und bei Künstlicher Intelligenz.
FiF: Sie sind Expertin für den erfolgreichen Aufbau einer Marke. Was empfehlen Sie jungen, aufstrebenden Frauen, um dauerhaft eine „Marke“ im Business zu sein?
Es gibt in der Markenführung zwei grundsätzliche Regeln. Erstens: Eine Marke braucht eine klare Position, eine Haltung, die authentisch ist. Menschen können schnell spüren, wenn etwas nur „gebaut“ oder wenn es echt ist. Und zweitens: Marke braucht Stabilität, muss also lange immer wieder gleich aussehen und sein, damit sie sich durchsetzt und Menschen mit ihr etwas verbinden. Das Ergebnis einer starken Marke sind dann feste, positive Bilder im Kopf der Kund*innen. Wenn ich beispielsweise „NIVEA“ sage, haben alle ein klares Bild dieser Marke im Kopf: Nivea ist milde Pflege zum günstigen Preis, blau und weiß. Unschuldig.
Als Mensch als Marke muss man sich also fragen: Was will ich, dass andere Menschen, zum Beispiel Arbeitskolleg*innen oder Vorgesetzte denken, wenn sie meinen Namen hören? Und: Passt das zu mir? Mit anderen Worten: Wofür will ich stehen. Das muss ich dann immer wieder selber sagen, zeigen, davon reden, mit Fähigkeiten belegen. Und: In der Kommunikation gilt: Man kann nicht nicht kommunizieren. Wenn Sie Ihr Bild nicht selber bauen, bilden die anderen trotzdem ein Image zu ihnen aus. Nur eben vielleicht nicht das, was Sie wollen.
FiF: Welche Entscheidungen haben dazu geführt, dass Sie sind, wer Sie sind?
Das ist eine Mischung aus eigenen Entscheidungen und der Unterstützung von Menschen, die mir nahe stehen: Nach Berlin zu ziehen, ins Ausland zu gehen, meinen Mann zu heiraten, bei McKinsey zu unterschreiben, obwohl klar war, dass es dann nur noch wenig Freizeit geben würde. Und mich bei VW nicht in einen Führungsstil zwängen zu lassen, den man dort offenbar von einer Frau erwartete, und der mit Führung, wie ich sie lebe, wenig zu tun hatte.
FiF: Mit Volkswagen, Coca-Cola oder NIVEA sind Ihnen Konzerne bekannt.Was ist Ihnen dort in puncto Frauen und Karriere aufgefallen?
Zwei Dinge: Zum einen, dass dieses Thema extrem von der Kultur des Unternehmens abhängt. Konzern ist nicht gleich Konzern. Bei NIVEA und Coca-Cola gibt es eine gute Mischung von Alter, Geschlecht, Internationalität. Da kann man als Mann oder als Frau Einiges erreichen. Bei der Volkswagen AG sieht es ganz anders aus. Frauen in Führung werden dort nach meiner Beobachtung eher als sonderbar und anders wahrgenommen, mit dem man nicht gut umgehen kann.
Zum anderen: Wenn Sie sich anschauen, wer dann dort in allen drei Unternehmen im Vorstand und im Aufsichtsrat sitzt, wird der Anteil der Frauen wiederum zu klein oder existiert gar nicht. Das muss sich ändern.
FiF: Was raten Sie Frauen um in Konzernen aufzufallen?
Man sollte sich überlegen, ob Konzern überhaupt das ist, was man will: Ich habe in meiner Laufbahn mit vielen mittelständischen Unternehmen arbeiten dürfen, die von fähigen Frauen geführt werden. Mal ein Beispiel: Aliud, ein Pharmahersteller aus Deutschland, der zur Stada Group gehört, wird von einer ganz großartigen Managerin geführt. Sehr wertschätzend, sehr freundlich-bestimmt in dem, was sie für das Unternehmen erreichen will. Eine tolle Frau.
Falls man doch in einem Konzern arbeiten und weiterkommen will, muss man klar kommunizieren, dass man weiter will und mit dem jeweiligen Chef/Chefin klare Absprachen treffen, unter welchen Bedingungen man aufsteigt. Also fragen: „Was muss passieren, was willst Du Chef/Chefin von mir an Leistung sehen, damit ich weiterkomme?“. Und das verschriftlichen und einfordern, wenn es soweit ist. Abwarten und hoffen, gesehen zu werden, weil man doch so gute Arbeit geleistet hat, klappt eher selten.
FiF: Haben Sie Routinen, die Sie als Faktoren für einen effektiven und erfolgreichen Arbeitsalltag empfinden?
Ach, da hat sicherlich jeder eine andere Methode. Meine ist, mir vorzunehmen, was ich an jedem Tag schaffen will und erst aufzuhören, wenn das geschafft ist. Aber ich bin ein sehr planender Mensch. Das muss nicht für jeden die richtige Methode sein.
FiF: Sie haben selbst mit Kaiserscholle Ihr eigenes Unternehmen gegründet. Worauf sollten Gründerinnen achten um direkt bestmögliches Marketing zu betreiben und Kunden zu gewinnen?
Das hängt von der Art des Unternehmens ab. Ich berate Führungskräfte, also CEOs, CMOs und Geschäftsführer von mittelständischen Unternehmen. Dabei ist Vertrauen sehr wichtig. Mein wichtigster Hebel, um Kunden zu gewinnen, ist daher ein breites Netzwerk, das ich pflege. Ich muss für Kaiserscholle gar nicht akquirieren, wir werden empfohlen. Das ist das beste Marketing, dass es gibt: Jemand anders macht Marketing für Sie und Ihre Marke.Wenn das Unternehmen etwas Physisches verkauft, ist eher wichtig, dass der Mehrwert klar erkennbar ist. In einem Satz. Für den Kunden, nicht für Sie. Klingt einfach, ist aber schwer.
FiF: Was war der beste Rat, der Ihnen in Ihrer beruflichen Karriere jegegeben wurde?
Den habe ich mir selber gegeben: Wenn schon arbeiten, dann gleich bei starken Marken. Ich wollte nicht auf einer Party stehen und auf die Frage „und was machst Du?“ lange erst mal die Firma erklären müssen. Wenn Sie sagen können, Sie hätten bei Apple gearbeitet, ist klar, was das ist. Und dann ist es auch egal, was Sie dort genau gemacht haben. Die beste Eintrittskarte für die nächste Aufgabe.
FiF: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden?
Ja, ich arbeite viel mit Myers Briggs Types of Indicators, den sogenannten MBTI-Typen. Das ist eine Methode, relativ schnell herauszufinden, unter welchen Arbeitsbedingungen der andere gut und gerne arbeitet. Da ich viel mit unterschiedlichen Menschen in den Marketingteams meiner Klienten arbeite, ist das sehr hilfreich.
Wenn ich beispielsweise jemanden vor mir habe, der ein sehr planender Mensch ist, fange ich immer mit der Agenda an, dem Ziel des Meetings und dem zeitlichen Rahmen. Habe ich einen anderen, eher weniger planenden Menschen vor mir, sollte ich eher nicht mit Agenda und Struktur beginnen, sondern dieser Person im positiven Sinn das Gefühl geben, dass er/sie alle Möglichkeiten hat, frei zudenken. In beiden Fällen komme ich zum selben Meetingergebnis. Nur eben für den jeweils anderen besser passend zu seinem/ihrem persönlichen Arbeitsstil. (siehe „Persönlichkeitstest als Sprungbrett für die Karriere“)